Auschwitz Aufnahmen



Anlässlich des
70. Jahrestages der Befreiung

ca. 15 Ausgaben der in 2003 publizierten Arbeit sind in Russisch, Polnisch und Französisch verfügbar.
Signatur, Box mit Stempel u. Signatur, 175,-€
s. a. The Photobook Vol. II, Martin Parr/Gerry Badger, Seite 244/245



Material

Auschwitz-Birkenau
Photoband Auszug (PDF, ~450Kb)
Deutsch
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»Prolog«
Gerhard Schoenberner
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»Epilog«
Stefan Skowron
Deutsch
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»Intentions«
Marceline Loridan-Ivens
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Texte zum Film
Treatment
Synopsis
  »Birkenau und Rosenfeld« , Betrachtungen

Marceline Loridan-Ivens' Erklärung
zu ihrem Spielfilm »Birkenau und Rosenfeld«

Dieser Film erzählt davon, wie die ehemalige Gefangene Myriam, eine französische Jüdin polnischer Herkunft, fünfzig Jahre nach ihrer Befreiung nach Birkenau zurückkehrt. Ich bin diese Überlebende des Vernichtungslagers, ich, Marceline Rozenberg, 1943 gefangen-genommen, in Marseilles und später in Drancy inhaftiert, dann mit dem Zug Nr. 71 nach Auschwitz-Birkenau transportiert und schliesslich in Theresienstadt befreit. Von den 76.500 Menschen, die von Drancy aus deportiert wurden - 11.000 von ihnen waren Kinder -, kamen nur 2.500 zurück. Wie viele von ihnen sind wohl noch am Leben?

Primo Levi schrieb sein erstes Buch »Ist das ein Mensch?« noch im Jahr seiner Heimkehr nach Italien. Ich habe über vierzig Jahre gebraucht, bis ich mit dem Exposé für das Drehbuch zu diesem Film beginnen konnte - und es fiel mir nicht leicht. Dabei ging es mir nicht darum, die Vergangenheit wiederaufleben zu lassen (wer kann das schon?), sondern es war vielmehr mein Ziel, dem Andenken und der Erinnerung an diese Zeit die Bedeutung zu verleihen, die ihr gebührt.

Warum erst jetzt? Der Grund, weshalb ich so lange damit gewartet habe, meinen Beitrag zum lebendigen, durch die Erinnerungen der Überlebenden geschaffenen Andenken an die Shoah zu leisten, besteht schlicht darin, dass es mir vorher nicht möglich war. Ebenso wie viele andere Überlebende hatte auch ich das Gefühl, mein Zeugnis könnte nur so wenig von dem vermitteln, was tatsächlich geschehen war, dass es besser wäre, zu schweigen. Heute weiss ich, dass ich als Künstlerin die Pflicht habe, mich auszudrücken - auch wenn ich Angst habe, daran zu scheitern - und meine Stimme gemeinsam mit denjenigen zu erheben, die den Mut haben, zu sprechen, bevor die Vernichtungslager nach dem Tod des letzten Überlebenden endgültig in die Geschichte eingehen oder ganz vergessen werden.

Warum ein Spielfilm? Nach dreissig Jahren enger Zusammenarbeit mit Joris Ivens ist meine Sprache, meine Ausdrucksform das Kino. Joris und ich haben das Genre Dokumentarfilm auf vielseitigste Weise ausgelotet. In unserem letzten Film mit dem Titel »Eine Geschichte über den Wind« haben wir die Grenzen zwischen Dokumentation und Fiktion, zwischen Realität und Fantasie, schliesslich vollkommen gesprengt. Der »Bericht« über einen alten Filmemacher, der versucht, das Unmögliche möglich zu machen - den Wind zu filmen - wird zu einer Erzählung, in der Leben und Geschichtsschreibung zu einem einzigen universellen kosmischen Prinzip verschmelzen.

Bei »Birkenau und Rosenfeld« war eine Aufspaltung zwischen der Filmemacherin, die ihren eigenen inneren Entwicklungsprozess beschreibt, und der Schauspielerin, die sie verkörpert und für sie spricht, für mich unerlässlich. Diese Dichotomie ist nur innerhalb fiktionaler Kunstformen möglich. Die Figur sollte den Gedanken und Gefühlen Ausdruck verleihen, die die Ruinen von Birkenau bei meiner ersten Rückkehr dorthin in mir hervorgerufen hatten.

In diesem Film gibt es drei Hauptfiguren: Myriam, die Überlebende auf der Suche nach einer unerträglichen und unaussprechlichen Erinnerung; Oskar, den jungen deutschen Fotografen, der sein Ziel, der Erinnerung auf die Spur zu kommen, kompromisslos und aufrichtig verfolgt; und Birkenau mit seinen Stacheldrahtzäunen und Baracken, seinen Wachtürmen und seinen Bäumen - den Birken -, die zwischen den erinnerungsschweren Ruinen der Gaskammern und Krematorien wachsen ... Die ersten zwei Figuren hinterfragen die dritte. Vielleicht geht es in dem Film im Grunde um das Zusammentreffen ihrer jeweiligen Blickwinkel und Sichtweisen im Spannungsfeld zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft - mit allen unüberwindlichen Unterschieden, aber auch mit all der dieser Begegnung innewohnenden leisen und unendlichen Hoffnung.

Bald wird niemand mehr Birkenau oder die Überreste anderer Vernichtungslager aus dem Zweiten Weltkrieg mit Myriams Augen sehen können. Was wird ihr Anblick wohl den kommenden Generationen erzählen?

Marceline Loridan-Ivens
 
 
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