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  Aachener Nachrichten
17.07.2008

Die Melancholie gelebter Eifel-Geschichte

Von Sabine Rother

Aachen. Eine mächtige Stille liegt über dem Gelände, weiche Nebel hüllen die trutzige kleine Kirche ein, und in provokanter Ordnung präsentiert sich die harte Reihe der schmucklosen Gebäude auf lehmfarbenem Sand und winterlich magerem Rasen.

Der Fotograf Andreas Magdanz aus Mönchengladbach, Jahrgang 1963, zeigt unter dem schlichten Titel «Vogelsang» ab Freitag (Eröffnung 20 Uhr) bis zum 24. August eine Ausstellung mit 19 grossformatigen Arbeiten als repräsentativen Querschnitt durch ein umfängliches und tiefgründiges Projekt, das ihn seit etwa fünf Jahren beschäftigt.

Sachlich und romantisch

Als 2006 das Gelände mit der Eröffnung des Nationalparks Eifel für Besucher zugänglich wurde, rückte Vogelsang und seine Geschichte verstärkt ins Bewusstsein der Öffentlichkeit. Bei Magdanz hat das Interesse an dem Eifelhöhenrücken eine ganz besondere Qualität - sachlich und romantisch zugleich. «Ich mag diese herbe Melancholie, ich will sie auch in meinen Fotografien umsetzen», sagt der hochgewachsene Fotograf, der gelassen und zugleich konzentriert seine Ziele verfolgt.

Einst als NS-Ordensburg gegründet, zogen später amerikanisches und britisches Militär ein. 1950 wurde Camp Vogelsang Nato-Truppenübungsplatz unter belgischer Hoheit. Natur, Architektur und die Menschen, die dort agiert haben, sind die grundlegenden Aspekte, unter denen Magdanz sich den 110 Quadratkilometern zugewandt hat. Noch bevor er die Spurensuche mit der Kamera aufnahm, war ihm eine besondere Erfahrung möglich.

Das belgische Militär hat ihm nicht nur Einblick in den jetzt vergangenen Alltag des Camps gegeben, Magdanz wurde sechs Monate lang zum «Gastsoldaten», nahm - ganz ohne Kamera - an Übungen teil, ob nun auf dem Panzer oder am Schiessstand, wo er selbst erfuhr, wie es sich anfühlt, ein Gewehr abzufeuern.

«Eine Zeit, in der ich viel erfahren habe über diese Männergesellschaft, über Soldaten, die schon im Kosovo oder in Afghanistan waren», erzählt er. «Ich bin ein Pazifist, aber ich habe grossen Respekt vor diesen Menschen.»

Und so gibt es im Rahmen der Ausstellung auch Soldatenbilder aus grosser Nähe, weich gezeichnetes hartes Waffenhandwerk, Menschen in uniformen martialischen Kampfanzügen - und doch ist da unter der dunklen Schutzbrille ein weicher, gut geschnittener Mund, ein wacher Blick.

«Ich möchte eine Geschichte erzählen, die Geschichte dieser Region», betont Magdanz. Dabei liegt es ihm fern, nationalsozialistisches Erbe aufleben zu lassen. «Dem verweigere ich mich ganz bewusst, ich bediene den bekannten Blick auf diese Architektur nicht.»

Wollseifen, der geisterhafte Ort mit seinen Rohbauten, die eigens zum Häuserkampf errichtet wurden, bildet mit monochromen Farbimpulsen einen interessanten Gegenpol zu Motiven, die man hier kaum erwarten würde: das Offizierskasino zum Beispiel mit edel glänzenden cognacfarbenen Ledersesseln, knallig grünen Wasserwerfern und der elegante, nahezu unberührten Kinosaal mit Revue-Bühne. Was macht die Bildsprache eines Andreas Magdanz aus?

Es ist ein Rhythmus, der den Bildgehalt bestimmt. Nähe und Ferne, gefrorene Reifenspuren etwa oder feingliedrige kahle Bäume. Da gibt es keinen Zufall, sind die Positionen (manchmal sogar per Hubwagen) perfekt ausgearbeitet. «Die Dramaturgie der Bilder kann es mit sich bringen, dass sie Farbe einfordern», sagt Magdanz. «Manches will ich einfach nicht durch einen Schwarzweissabbildung in die Vergangenheit entlassen...»
 
 
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